Faſchirter Kapaun in der Sulze.

Aus: Die Hausköchin (1867), 11-09

Originalrezept:

Rupfe einen ſchönen Kapaun, ſolange er noch warm iſt, und flammire ihn, damit er ganz rein wäre, dann ſchneide ihn auf dem Rücken auf, ziehe die Haut aufmerkſam ab, die Füße und Flügel ſchneide ſchön im Gliede von dem Übrigen ab, daß es bei der Haut bleibe, und lege die Haut in laues Waſſer; das Fleiſch löſe von der Bruſt ab, gib dazu noch eine Bruſt von einem andern Kapaun, oder auch von einer Henne, dann 2 bis 3 Loth Rindsmark, hacke es ganz fein, hierauf gib dazu 2 bis 3 gerührte Eier, eine halbe abgeriebene, im Waſſer geweichte ausgedrückte Semmel, ſalze und würze es mit Muskatenblüthe und Lemonieſchale, und treibe alles recht ab, daß es wie Butter glatt iſt; man kann es auch im Mörſer ſtoßen; in ein Töpfchen ſchlage 2 Eier, ſalze ſie, und backe daraus Omeletteln, dann ſchneide ſie auf Nudeln; ſo auch ſchneide zwei Stückchen Schinken oder gekochtes geſelchtes Fleiſch und friſche Trüffeln ebenfalls auf Nudeln; wenn keine friſche Trüffeln ſind, ſo laß getrocknete in der Rindſuppe ein bischen aufkochen. Nun breite die Haut auf eine reine Serviette aus und belege ſie mit der Faſch, dann miſche die Omelettel-, Schinken und Trüffelnudeln, belege damit die Faſch, und darüber gib wieder Faſch; nun formire den Kapaun ſo wie er früher war, nähe ihn auf dem Rücken zu, ſo auch wo noch eine Offnung iſt, belege ihn ſchön mit Speckſcheiben und wickle ihn mit Zwirnfäden um, damit er ſchön im Speck bleibe und die Form behalte, dann lege dünne Spänchen kreuzweis auf den Boden einer Kaſſerolle (doch dürfen die Spänchen nicht von einem Holze ſein, welches einen harzigen Geruch hat, am beſten iſt Buchenholz), lege den Kapaun darauf, gieße darüber einen Theil guter Rindſuppe, worin ein Kalbsfuß gekocht hat, einen Theil Wein und einen Theil guten Weineſſig (es muß hierzu eine tiefe Kaſſerolle ſein, damit der Kapaun mit der Flüßigkeit ganz bedeckt werde), dann gib dazu eine große auf Scheiben geſchnittene Zwiebel, 2 Lorbeerblätter, 10 Körner Neugewürz, 10 Körner Pfeffer, 10 Gewürznelken, 2 Stück Ingber, 2 Stück ganze Muskatenblüthe, ſalze es zu und laß es volle 2 Stunden gemächlich wohl zugedeckt kochen; nebſtdem koche noch in Rindſuppe, Wein und Eſſig zu gleichen Theilen 4 Kälberfüße recht weich. Die Beinchen von dem Kapaun, wenn das Eingeweide herausgenommen iſt, zerhacke auf Stückchen, waſche ſie rein, gib ſie auf eine Kaſſerolle und laß ſie mit einem Pfund auf Stückchen zerſchnittenen Kalbfleiſch, Zwiebel, Gewürz, Sellerie und Peterſilie ſchön braun dünſten, doch ja nicht anbrennen; wenn es ſchön braun iſt, ſo gieße daran die Suppe von den weichgekochten Kälberfüßen, ſo auch die, worin der Kapaun gekocht hat, und laß es eine Viertel Stunde im vollen Sude kochen; dann ſeihe es durch ein Sieb auf eine andere Kaſſerolle, ſchöpfe nach
Möglichkeit alles Fett ab, und wenn es nun wieder im vollen Sude iſt, ſo gib darein den feſten Schnee von 3 Eiweiß, rühre es recht um und laß es noch ein Weilchen kochen; dann koſte, ob es genug geſalzen iſt; nun binde eine Serviette auf die vier Füße eines umgekehrten Stuhles, ſtelle eine tiefe Schüſſel darunter, gieße die Sulze in die Serviette und laß ſie ſchön rein in die Schüſſel durchlaufen. Willſt du die Sulze etwas gelblich haben, ſo füge dem Sude einige Fäden Safran bei, aber nicht viel, ſonſt verliert es an Wohlgeſchmack. Nun kannſt du den Kapaun entweder in dem Speck einballirt kalt werden laſſen, und den Aſpick (Sulze) in eine ſeichte Schüſſel fingerhoch aufgießen und ebenfalls kalt werden laſſen; dann, wenn du den Kapaun anrichten willſt, binde den Speck los, lege den Kapaun auf eine Schüſſel, aus der Sulze ſteche ſchöne Sternchen oder Kränzchen oder Herzeln mit blechernen Ausſtechern aus, und ziere damit ſowohl die Schüſſel als auch den Kapaun, wozu du noch Lemonieſchale und auch Lemonie oder Pomeranzenblätter, wenn du friſche haſt, beifügen kannſt. Die Blätter zieren jede Sulze ſehr ſchön, und man kann davon immer einen Vorrath haben, wenn man die friſchen Lemonie- und Pomeranzenkerne in Blumentöpfe ſetzt und ſie im Sommer und Winter vor den Fenſtern pflegt.
Man kann auch den Kapaun gleich aus den Speckblättern herausnehmen, ihn in eine tiefe Glasform legen, die reine Sulze darüber gießen und ihn dann ſo mit der Glasform auftragen; oder man kann ihn auch in einer andern Form kalt werden laſſen, dann nach Belieben und Einſicht zieren.
Dieſen Aſpick kann man verſchiedenartig verwenden. Z. B. Gieße davon auf den Boden einer Form fingerdick auf und laß es kalt werden, dann mache darauf einen Kranz von zierlich geſchnittener Lemonieſchale und Lemonieblättern, und in der Mitte lege eine Roſette oder einen Stern aus, darüber gieße ſehr achtſam überkühlten, aber nicht geſetzten Aſpick wieder fingerdick auf und laß es abermals feſt werden; nun ſchlichte in die Mitte entweder zierlich geſchnittene, in Suppe, Wein und Eſſig gekochte junge Hühnchen, oder Kalbs- oder Schweinszungen und Ohren, oder ein Spanferkel u. ſ. w., lege es aber ſo, daß zwiſchen dem Fleiſch und der Form ein Zwiſchenraum von einem Finger herum bleibe; hierauf gieße die Form mit überkühltem Aſpick voll und laß es feſt werden; wenn es gebraucht wird, ſtürze und ziere es nach Belieben. Daß auch hier verſchiedene Änderungen vorgenommen werden können, verſteht ſich von ſelbſt.

Transkription:

Julian Bernauer

Zitierempfehlung:
Julian Bernauer (Transkription): "Faſchirter Kapaun in der Sulze.", in: Die Hausköchin (1867), 11-09,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=faschirter-kapaun-in-der-sulze (18.05.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Julian Bernauer.


In folgendem Projekt erschlossen: ATCZ kulinarisch (2022)