Einen Riemen oder Lendbraten zu dämpffen.

Aus: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 09, Nr. 090

Originalrezept:

Häutet den Lendbraten / und schneidet das Fette ein wenig davon; leget ihn hernach in Wein= Essig / wiewohl man auch halb Bier und halb Wein= Essig nehmen / oder auch nur lautern Bier= Essig gebrauchen kan / und läst sie also acht oder vierzehen Tage darinnen beitzen: Den Riemen aber darff man nicht häuten / sondern nur alsobald in Essig legen; dann spicket / saltzet / pfeffert / und leget sie in einen stollichten Hafen / giesset das dritte Theil Wein= Essig daran / und das andere Wasser / und last sie wohl verdeckt sieden / biß sie bald weich sind; inzwischen aber nehmet das Fette / so davon heraus siedet / oben herab / weil es sonsten / so es wieder hinein siedet / dem Riemen oder Lendbraten ein widrigen Geschmack / gleich dem Schmorgel / verursachet / darauf seihet ihn ab / und giesst folgende Brüh daran: Bähet einen Schnitten rocken Brod / siedet es in Fleischbrüh und Essig; will mans aber gut haben / kan man auch ein wenig Wein dazu giessen: Wann nun das Brod weich gesotten / treibt es durch einen Seiher; solte der Brüh an dem Brod etwan zu wenig seyn / kan man noch mehr Fleischbrüh und etwas Essig / auch / nach belieben / etwas Wein daran giessen / oder man kan auch ein wenig von der Brüh / darinn es gesotten / daran thun / und also das Brod mit durchzwingen: schneidet dann Limonien theils zu Plätzlein / theils würfflicht / mischt es samt Pfeffer / Cardamomen / Muscatblüh / und ein wenig Zucker unter die Brüh / richtet sie über den Lendbraten oder Riemen / und last selbige damit noch eine halbe Stund sieden / in den Sud aber leget ein Stuck Butter hinein; richtets hernach in eine Schüssel / und streuet frisch= geschnittene Citronen= Schelffen darüber. *

* An statt deß gebähten Brods / kan man auch ein Weitzen= Mehl im Schmaltz braun darein brennen.

Anmerkung:

  1. Der „Lendbraten“ wird in Österreich auch als „Lungenbraten“ bezeichnet; man versteht darunter das beste Rückenstück des Rindes, auch Filet oder Beiried genannt. Der „Riemen“ liegt neben dem „Lendbraten“.
  2. „Schmorgel“ wurde in keinem historischen Wörterbuch gefunden; es handelt sich vermutlich um einen regionalen Begriff und dürfte dem Sinn nach „minderwertiges (oder ranziges?) Fett“ bedeuten, weil von „widrigem Geschmack“ die Rede ist.
    Im Nürnberger Kochbuch ist noch an zwei anderen Stellen von „Schmorgel“ die Rede, den man von zerlassener Butter abschöpfen soll; dies ist vermutlich der Eiweißschaum, der sich beim Klären von Butter oben absetzt und entfernt wird.
    Es besteht vermutlich ein Zusammenhang mit dem Verb „schmurgeln“ (umgangssprachlich, vor allem Norddeutschland); dies bedeutet „brutzeln, hörbar in Fett schmoren“. Wilhelm Busch verwendet das Verb z.B. in „Max und Moritz“ im 2. Streich mit den Hühnern, „…die schon ohne Kopf und Gurgeln / lieblich in der Pfanne schmurgeln“.

Transkription:

Andrea Sobieszek

Zitierempfehlung:
Andrea Sobieszek (Transkription): "Einen Riemen oder Lendbraten zu dämpffen.", in: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 09, Nr. 090,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=einen-riemen-oder-lendbraten-zu-daempffen (02.05.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Andrea Sobieszek.


In folgendem Projekt erschlossen: TCS 37 (2017-2019)