Austern zu zurichten.

Aus: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 03, Nr. 205

Originalrezept:

ERstlich reibet man die Austern von aussen sauber ab / sticht oder löst mit einem Messer die Muschel oder Schalen von einander / (man muß aber wol zusehen / daß die Brüh nicht heraus lauffe /) hierauf schneidet oder löset man mit einem Messer die Austern in der Schalen gantz heraus / reisset das hautichte samt dem harten Bützlein ab / und leget die Austern in den tieffsten Theil der Muschel= Schalen / und so selbige einwendig etwas unsauber wäre / wischet man sie mit einem reinen Tüchlein aus / und legt die Austern zusamt der Brüh wieder in die Muschel / pfeffert sie / und giesst ein wenig gutes Oel oder Butter darauf: alsdann setzet man der Austern / so viel man will / zusamt der Muschel auf einen Rost / und läst denselbigen auf einer starcken Glut oder Kohlen so lang stehen / biß die Austern anfangen zu sieden oder zu pratzeln: dann wendet man sie in der Muschel= Schale einmal um / hebt sie geschwind vom Rost / setzets zusamt den Muscheln auf einen zinneren breiten Teller / und trägt sie also geschwind zu Tisch / damit sie nicht kalt werden. *

* Man leget auch gemeiniglich zwey oder drey Citronen zu den Austern auf den Tisch / damit ein jeder der von den Austern isset / selbige nach belieben selbst darein drucken könne; wiewol man auch die Citronen gleich bey Auftragung der Austern darein drucken kan / und ist das fürnehmste daß sie geschwind und heiß gegessen werden: will man sie aber / wie schon erwehnet / mit Butter zugerichtet haben / so nimmt man an statt deß Oels eine Butter / und macht es eben damit wie mit dem Oel / wiewol einige zu der Butter keine Citronen hinein drucken: doch stehet solches zu eines jeden belieben. Auch kan ein wenig Muscatblüh daran gethan werden.

Anmerkung:

  • Austern wurden und werden in Küstennähe meist roh als Vorspeise geschlürft, vor allem kleinere Exemplare; sie sind aber auch gegart sehr delikat. Durch das Meerwasser („Brüh“) in den fest geschlossenen Schalen leben sie nach dem Fang bis zu 14 Tagen weiter; das erkennt man beim Knacken der Schalen daran, dass der Muskelrand beim Berühren oder im Kontakt mit Zitrone noch zuckt. Dies ist deshalb wichtig zu wissen, weil tote rohe Austern schnell verderben und zu Vergiftungen führen können. Deshalb wurden sie vorsichtshalber nach längerem Transport eher gegart verzehrt.
  • „pratzeln“ oder „bratzeln“: Mittelding aus brutzeln und prasseln.

Transkription:

Andrea Sobieszek

Zitierempfehlung:
Andrea Sobieszek (Transkription): "Austern zu zurichten.", in: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 03, Nr. 205,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=austern-zu-zurichten (02.05.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Andrea Sobieszek.


In folgendem Projekt erschlossen: TCS 37 (2017-2019)