Einen Welschen Hanen zu braten.

Aus: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 05, Nr. 012

Originalrezept:

WAnn man einen Welschen Hanen abstechen will / so nimmt man ein Messer / und schneidet die Haut oben bey dem Hals von einander, wie man aber einem Hun über sich den Schlund und Lufft=röhre entzwey schneidet / so werden selbige an dem Welschen Hanen untersich entzwey geschnitten / und also kein grosses Loch am Hals gemacht; den Hanen muß man wol unter sich halten / und das Blut aus dem Kopff abwärts streichen / und heraus drucken / dann rupffet man die Federn oben und unten bey dem Hals herab / schneidet neben auf der Seiten deß Halses ein Loch hinein / und nimmt den Kropff heraus / damit der Han auf der Brust schön gantz bleibet; dieses Loch kan man alsdann wohl wieder zu machen: hernach wird der Han gebrühet / und in ein kaltes Wasser gelegt; zuvor aber / eher er noch erkaltet oder gewässert wird / spreusselt man ihm die Füsse mit einem höltzernen Spieß oder Zweck / durch die Schenckel / wohl hinauf / dergleichen auch mit den Flügeln beschiehet. Zur Winters=Zeit kan man ihn wohl vier oder fünff Tage zuvor würgen / so wird er nur desto mürber und besser werden: Man soll auch alles Geflügel auf diese Art gar schön und weiß etliche Tage erhalten können; wann selbiges allerdings auf obbeschriebene Art gewürget / aber nicht im heissen Wasser gebrühet / sondern die Federn nur wie einem Vogel ausgerupffet werden: dann wird der Han ausgenommen / aber nicht gewaschen / biß etwan einen Tag / oder nur etliche Stunden vorher / ehe man ihn speisen will; inzwischen muß er in einen Keller / oder sonst kühles Ort / gesetzt werden: wann er nun / wie gedacht / aus etlichen Wassern reinlich gewaschen / wird er / so es beliebt / auf der Brust gespicket / welches / im fall der Noth / auch einen Tag zuvor / ehe man ihn verspeiset / geschehen / und er so dann über Nacht im Wasser liegend verbleiben kan: Nechst diesem saltzt man ihn ein= und auswendig / und würtzet ihn allein von innen mit Pfeffer / Ingber und Muscatblüh / und lässet ihn eine weil in gedachtem Gewürtz ligen. Wann man dann hierauf den Hanen anstecket / ist zu beobachten / daß / wie bey den Auerhannen gleich hernach beschrieben / der Spieß einwendig bey dem untern Zweck hinein / und über den obern Zweck bey dem Brust=Bein wieder heraus komme; wann er nun ein wenig bey dem Feuer vertrocknet oder erstarret / betreifft man ihn ein= und auswendig mit heissem Schmaltz / steckt dem Hanen ein Stuck Butter in den Hals / und lässt ihn also fein gemach drey oder vier Stunden / nach dem er groß ist / abbraten / daß er schön in Safft und licht bleibt; er wird aber noch schöner / wann man ihm bißweilen mit einem Pinsel voll Butter bestreicht; wann er nun fertig / wird er abgezogen / in eine Schüssel gelegt / und mit Citronen=Blättern und Blumwerck ausgezieret.*

*Hiebey ist zu sonderbarer Nachricht zu erinnern / daß auf diese weiß alles Gebratens / so wol weiß als wildes Geflügel und Wildpret gar mürb und wohlgeschmack werde / wann man stets unter währendem Braten Citronen=Safft darauf druckt / es seye gleich das Gebratene gebeitzt oder ungebeitzt; doch muß man selbiges je zu weilen auch mit Butter bedupffen.

Transkription:

Magdalena Bogenhuber

Zitierempfehlung:
Magdalena Bogenhuber (Transkription): "Einen Welschen Hanen zu braten.", in: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 05, Nr. 012,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=einen-welschen-hanen-zu-braten (03.05.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Magdalena Bogenhuber.


In folgendem Projekt erschlossen: TCS 37 (2017-2019)