[Einem Fleisch den geschmack zu entnemmen, für Krancke.]

Aus: Ein new Kochbuch (1581), Kapitel 03, Teil 09, Nr. 19
Diätetische Verwendung:

Originalrezept:

Wenn eim krancken Menschen graußt vor dem Fleisch / wie man jm den geschmack kan entnemmen. Nim(m) die Hennenbrust / vnnd setz sie in einem Wasser zu / vnnd saltz sie nicht / das ander Fleisch setz auch besonder zu / vnnd saltz es nicht / laß nur halb sieden / nim(m) die Brüh / vnd seig sie darvon / daß nit feißt ist / laß sie kalt werden / so wirdt sie sich setzen / vnnd bleibt der faum auff dem Boden / wenn es nicht wol verfaumt ist. Seig die Brüh in ein ander Geschirr / so wirstu sehen / wie es lauter vnd rein ist. Nim(m) auch die Brust / die wol gesotten ist / laß kalt werden / stoß in einem weissen Marmelstein oder Allebaster / stoß mit einem höltzern Stössel wol klein / nim(m) Mandeln / reib sie klein / vnd streich sie mit der lautern Brüh durch / daß nicht dick / sondern nur weiß wirdt von Mandeln / nim(m) eins theils / vnd laß auffsieden / vnnd wider kalt werden / gibs den Krancken zu trincken / so ist es wolgeschmack / vnnd schmeckt nit nach dem Fleisch. In die ander Brüh / die mit Mandeln durch gestrichen / vnd nicht auffgesotten / thu von einem Weck die Brosamen / vnd weich sie darein / wenns weich ist / so streich es durch mit der Hennenbrust / die du gestossen hast / ein theil mach dick / ein theil nicht zu dick. Die du hast dick durchgestrichen / die mach süß mit dem Zucker / zeltel die mit Perlen vnd Edelgestein gemacht seyn / machs damit süß / vn(d) rürs umb / biß d(aß) auffseudt / wenn auffgesotten hat / so gibs dem krancken Menschen / so wirt es nit nach dem Fleisch schmecken. Wenn die ander durchgestrichen / die nicht zu dick ist / so laß sie auffsieden / vnd machs nicht süß / gibs dem Krancken auch zu essen / so kanstu jn fragen / welches jm schmecken wirt / das süß oder das saur.

Anmerkung:

  • Ekel vor Fleisch ist bei Kranken nicht selten; er kann aber auch ein typisches Symptom für gewisse Krankheiten darstellen, z.B. für Magenkrebs. Ein Ekel vor fettem Fleisch kann auch auf eine Hepatitis hinweisen.
  • Zeltel mit Perlen und Edelstein: in der Volksmedizin schrieb man damals gemahlenen Perlen oder Edelsteinen heilkräftige Wirkung zu und setzte sie deshalb Getränken oder Speisen zu. Manchmal bereitete man auch „Zelteln“ mit derartigem Pulver zu: Die Zuckermasse wurde dazu meist auf Bleche, in die kleine, flache, viereckige Formen eingelassen waren, gegossen und übertrocknet. Auf diese Weise stellte man damals häufig (medizinisches) Konfekt her. Die Bezeichnung „Zelteln“ (= Verkleinerungsform) ist noch in den „Lebzelten“ erhalten.

Transkription:

Andrea Sobieszek

Zitierempfehlung:
Andrea Sobieszek (Transkription): "[Einem Fleisch den geschmack zu entnemmen, für Krancke.]", in: Ein new Kochbuch (1581), Kapitel 03, Teil 09, Nr. 19,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=einem-fleisch-den-geschmack-zu-entnemmen-fuer-krancke (06.05.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Andrea Sobieszek.


In folgendem Projekt erschlossen: TCS 37 (2017-2019)