Echtes Marzipan.

Originalrezept:

Es werden 5 ganze, große Eier mit 500 g Staubzucker 1/2  Stunde schaumig gerührt, dann werden 560 g trocknes Mehl, etwas abgeriebene Zitrone und 2 Löffel Arrak daruntergemengt und alles zu einem festen, glatten Teig verarbeitet, welchen man in einen Laib formt und 2 Stunden ruhen läßt. Dann schneidet man ein Stuck des Teiges ab, gibt etwas Mehl auf die Schnittfläche und walzt ihn kleinfingerdick aus, gibt ein wenig Mehl darauf und reibt mit der flachen Hand so lange, bis der Teig glatt und glänzend wie Leder ist.

Nun schneidet man ein Stückchen Teig ab, ungefähr so groß wie die Form, nimmt letztere in die linke Hand mit dem Muster nach oben, legt den Teig darauf und drückt denselben mit der rechten Hand in alle Vertiefungen der Form ein, stülpt sie auf das Brett und schneidet mit einem scharfen Messer oder dem Rädchen die Ränder ab. In die Marzipanform, die immer aus Holz ist, darf man ja kein Mehl streuen, sie muß nur sehr trocken sein. Kommt Mehl in die Formen, wird das Marzipan nach dem Backen rauh und grau. Die Abfälle knetet man wieder zusammen, legt sie auf das Nudelbrett und drückt sie etwas breit, schneidet ein Stück von dem andern Teig ab, legt diesen auf die Abfälle und walzt und reibt wieder auf der Schnittfläche, wie oben angegeben. Sind alle Stücke ausgedrückt, legt man sie auf ein Brett und läßt sie über Nacht stehen, jedoch in einem etwas durchwärmten Raume. Man kann den Teig gegen Abend machen und ausdrücken. Am nächsten Tag macht man ein Backblech heiß, bestreicht es mit echtem Wachs, läßt es wieder kalt werden, legt die Marzipan darauf und bäckt sie bei sehr mäßiger Hitze. Sei müssen oben weiß bleiben und auf der unteren Seite goldgelb sein. Genau nach dieser Vorschrift behandeltes Marzipan wird stets gelingen und weder Blasen bekommen noch rauh werden.

Anmerkung:

Dieses Rezept hat nur sehr wenig mit dem zu tun was wir als Marzipan bezeichnen, da die Hauptzutaten in Marzipan Mandeln und Zucker bilden. Interessant ist, dass es als „echtes Marzipan“ bezeichnet wird. Im Mercks Warenlexikon von 1920 (nur 6 Jahre nach Erscheinung dieses Buches) wird beschrieben: „Als Ausgangsmaterialien haben jederzeit nur Mandeln und Zucker gedient,…“. Weiters wird aber auch im Mercks Warenlexikon beschrieben, dass es nicht unüblich war während des ersten Weltkrieges, dass Stärke, Getreidemehl und das Mehl anderer Samen (Pfirsiche, Aprikosen, Pflaumenkerne, usw.) unter das Marzipan gemischt wurden um die Masse billiger zu machen, diese durften im Handel jedoch nicht als Marzipan bezeichnet werden sondern mussten als Marzipanersatz deklariert werden. Es gab aber auch sogenannte Marzipan-Surrogate die gänzlich aus anderen Produkten hergestellt wurden. Dieses Rezept hier könnte als so ein Ersatz gedient haben. Warum jedoch die Autorin dieses Rezept als „Echtes Marzipan“ bezeichnet ist nicht sehr klar.

Vgl. Klemens Merck, Merck’s Warenlexikon für Handel, Industrie und Gewerbe, Leipzig 1920, 268 f.

Kategorisierung:

:

Hauptzutaten: , , , ,

Transkription:

Julian Bernauer

Zitierempfehlung:
Julian Bernauer (Transkription): "Echtes Marzipan.", in: Österreichische Mehlspeisenküche (1914), 323,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=echtes-marzipan (29.04.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Julian Bernauer.


In folgendem Projekt erschlossen: ATCZ kulinarisch (2022)