Caperdatten zu machen mit seiner Zugehörung.

Aus: Ein new Kochbuch (1581), Kapitel 07

Originalrezept:

1. GEbraten Fasan.
2. Gebraten Rephünner.
3. Gebraten Gänß.
4. Gebraten Kappaun.
5. Gebratene junge Hünner.
6. Gebratene Kramatsvögel.
7. Klein gebraten Vögel.
8. Gebeht Schnitten.
9. Gülden Schnitten. Daß alles warm ist.
10. Gebraten Hattele.

Nim(m) ein gesotten Hennen Leber / vnd gesotten hart Eyerdotter / stoß miteinander mit Parmesankäß / vnd nim(m) ein wenig Knobloch darvnter / streich es durch mit Rindtfleischbrüh / die lindt gesaltzen ist / machs gelb / setzs auff Kolen / vnd laß auffsieden. Zerschneidt darnach die grosse Vögel / vnnd glidt sie ab / die Mittelvögel aber laß gantz. Nim(m) auch darzu Schweinen Carwenada / oder ein Schweinen Brate(n) / schneidt jn darunter / brat Schweine(n) vn(d) Leberwürst darzu / thu gebeht Brot in die Brüh / die du mit Knobloch hast durchgetriebe(n) / mach sie mit Saffran gelb / thu sie mit eim Löffel herauß / leg sie in die Schüssel nebeneinander / besträw es mit geriebnem Parmesankeß / leg die Vögel / die du hast zerschnitten / auff die Schnitten / vnd die gantze Vögel darzwischen / mit dem gebratenen Schweinen Fleisch vnd Würsten / leg wider gebeht Schnitten darüber / vnd besträw sie mit Parmesankeß / leg wider Vögel darauff / Würst vnnd Fleisch darzwischen / leg widerumb gebeht Schnitten darüber / besträw sie mit Parmesankeß / vnnd vber die gebeht Schnitten leg güldene Schnitten / die mit Eyern gebacken / vnnd fein warm seind / vnnd vber die gülden Schnitten sträw wieder Parmesankeß. Nim(m) die Brüh / die du mit Knobloch gemacht hast / geuß obe(n) vber die gebeht Schnitten vnd Vögel / was darinnen ist / setz es damit auff Kolen / vnd geuß offt darvber die heisse Brüh von Knobloch / so werden die Vögel fein warm / vnnd wenn du es wilt auff ein Tisch geben / so besträw es wol mit Parmesankeß. Nim(m) heissen Speck / der fein wirfflicht geschnitten vnd wol heiß ist / geuß jn vber die Schnitten / so schmälßt der Keß voneinander / decks flugs mit einer andern Schüssel zu / vnnd laß also warm auff ein Tisch tragen / so ist es ein herrlich gute Speiß / vnnd man findt gute Bißlein darinnen / wer gern mit Knobloch vnnd Parmesankeß isset. Du kanst auch gebackene Eyer / die man Ochsenaugen nennet / darvnter nemmen. Vnnd ein solche Speiß kan man zurichten auff drey oder vier Tisch / vnnd es hat ein Koch zween Tag darmit zu schaffen. Denn einen hat er zu thun / daß er die Vögel rupfft vnd sauber macht / vnd die Schnitten von Weck abbeht / den andern hat er zu schaffen / daß er alle sachen fertig mach zu der Mahlzeit. Vnnd es muß ein guter geschwinder Koch seyn / der auff vier Tisch solche Speiß zurichtet.

Wiltu es auff ein ander manier haben / so mach ein Brüh mit Knobloch vnd Rindtfleischbrüh angemacht / mit Eyerdottern wol dick durchgestrichen / mit Fleisch gesotten / geuß flugs vber die Schnitten / so ist es zierlich vnd wolgeschmack. Vnd solche Speiß nennet man Caperdatten.

Anmerkung:

  • güldene Schnitten = Pofesen; in Ei getauchte und in Schmalz herausgebackene Weißbrotschnitten
  • Ochsenaugen = Spiegeleier
  • Es handelt sich bei den „Caperdatten“ um eine Art Auflauf, wobei abwechselnd Lagen von gebähten Weißbrotschnitten, gebratenem Fleisch und Parmesan in die Form geschichtet werden. Dann übergießt man das alles mit Fleischbrühe und erhitzt es nochmals über Kohlen, wobei man immer wieder Brühe nachgießt, sodass sich alles köstlich-sämig verbindet. Das Gericht erinnert durch die Schichten und den Parmesan entfernt an eine Lasagne, unterscheidet sich aber durch die übrigen Zutaten davon.
    Woher stammt jedoch die Bezeichnung „Caperdatten“? Bei Rumpolt finden sich übrigens weitere Varianten wie Kapridat, Kaprydat, Caperdatti, Capritade. Dies hat allerdings nichts mit Kapern zu tun, die ja auch in keinem dieser Rezepte aufscheinen. Der Romanist Michael Süthold liefert in seiner Arbeit über das „Manuscritto Lucano“ (italien. Kochbuch aus dem 16.Jh.) eine plausible Erklärung:
    Rumpolts „Caperdatten“ stellen eine Verballhornung von „capirotta(ta)“ bzw. „capirotada“ dar, wie derartige Gerichte des 16. Jhs. in Italien bzw. Spanien genannt wurden. Eine Konstante bilden bei all diesen Rezepten die gebähten Brotschnitten, die mit Fleisch- und Parmesanschichten und einer Brühe „überdeckt, ummantelt“ werden (vgl. una cappa = ein Umhang, ein Cape).
    Im Französischen wandelte sich der Begriff übrigens zu „capilotade“ (statt „r“) und bezeichnet heute ein (Geflügel)ragout, wobei der Begriff nicht übermäßig gebräuchlich ist und meist nur im übertragenen Sinn für körperliche Erschöpfung verwendet wird (vgl. im Dt.: Puddingbeine haben, streichfähig sein). Das ursprüngliche Rezept für einen Brotauflauf und die Bezeichnung dafür gerieten in Europa also in Vergessenheit, aber noch heute gibt es in Mexico einen süßen österlichen Brotpudding namens Capirotada.

Transkription:

Andrea Sobieszek

Zitierempfehlung:
Andrea Sobieszek (Transkription): "Caperdatten zu machen mit seiner Zugehörung.", in: Ein new Kochbuch (1581), Kapitel 07,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=caperdatten-zu-machen-mit-seiner-zugehoerung (05.05.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Andrea Sobieszek.


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